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Blue Jeans: Zeitlose Coolness trifft auf schmutzige Wahrheiten – Wie hoch ist der Fußabdruck meiner Jeans?

Quelle: privat

Caro K. | Carofairliebt, 36 Jahre

Ich trage sie sehr gerne, oft und zu vielen Anlässen. Ich spreche von der einst robusten Arbeiterhose, der Blue Jeans. Zu finden in fast jedem Kleiderschrank, feiert sie zudem dieses Jahr ihr 150. Jubiläum. Dieser Fakt und dass jede*r Deutsche*r sieben Paar Jeans durchschnittlich besitzt, ist ein Grund diese wohl nie aus der kommenden Mode einmal in puncto Klimabilanz genauer zu betrachten.

Blue Jeans: Der wahre Preis für Umwelt und Mensch

Baumwolle – Der Basis Rohstoff

Die meisten Jeans bestehen aus Baumwolle. Um der jährlichen Nachfrage an unglaublichen 1,8 Milliarden werksneuen Jeanshosen gerecht zu werden, nutzen die meisten Baumwollproduzenten den konventionellen Anbau. Bei dieser Vorgehensweise kommt es zum Einsatz von viel Chemie zwecks Schädlingsbekämpfung. Die Rechnung geht vorerst auf: Pestizide machen die Baumwollpflanzen z. B. resistenter und schädlingsfreie Pflanzen bringen einen größeren Ertrag ein. Das bleibt jedoch nicht ganz ohne Folgen für die Menschen und ihre Umgebung vor Ort. Die eingesetzten Chemikalien werden von den Baumwollpflücker*innen eingeatmet, vergiften Böden und gelangen oftmals in heimische Flüsse. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzte 2011, dass jährlich ca. 20.000 Menschen allein an Vergiftungen durch Pestizide sterben.
Übrigens: Ein Teil der Pestizide verbleibt auch in der fertigen Jeans und landet dann auf unserer Haut.

Ein weiterer Fakt ist, dass in etwa 7000 Liter für die Produktion einer einzigen Jeans benötigt werden, was vor allem an dem wasserintensiven Anbau von herkömmlicher Baumwolle liegt. Um Dir einen Vergleich zu geben, diese Menge an Wasser entspricht etwa 47 vollen Badewannen.

Herstellung von Denim

Die gewonnene Baumwolle wird weiterverarbeitet. Um den Grundstoff Denim herzustellen benötigt es die Schritte: Färben, Weben, Schneiden und Nähen. Allein schon bei der herkömmlichen Färbung der Baumwolle werden oftmals viele hormonell wirksame Substanzen verwendet, denn um den blauen Farbstoff „Indigo“ in Wasser zu lösen, müssen Chemikalien, Schwermetalle und giftige Substanzen wie Chlor, Kupfer, Quecksilber, Chrom und Blei hinzugegeben werden. In direktem Kontakt mit diesen Substanzen kommen vor allem die Arbeiter*innen vor Ort. Schwere gesundheitliche Schädigungen können dabei die Folge sein.

Endschliff für das fertige Jeansprodukt

Der finale Denim-Stoff hat nun die Form einer Jeans, jedoch gilt es diese noch zu veredeln. Wir alle kennen wohl den beliebten „used“ Look an Jeans. Für diesen konkreten „Look“ wird nochmal viel Wasser für die Waschung benötigt sowie wird die Jeans gebleicht. Auch die Sandblasting (Sandstrahlen) Methode ist leider immer noch im Einsatz in der konventionellen Textilindustrie. Dabei wird die Hosenoberfläche oftmals manuell von Arbeiter*innen unter hohem Druck mit feinem Sand bestrahlt. Statistiken der WHO zeigen, dass diese Methode zu schweren Lungenerkrankungen wie Lungenfibrose, Emphysem und Silikose führen, unter denen die Arbeiter*innen oftmals ihr Leben lang leiden. Auf Grund der extremen Gefährlichkeit setzen sich Organisationen und ihre Netzwerke, z. B. Clean Clothes Campaign und Solidarity Committee of Sandblasting Labourers für die Abschaffung dieser Methode vehement ein. Es gibt zudem schon viele Modemarken, die seit 2012 verboten haben sandgestrahlte Jeans zu produzieren. Bleibt zu hoffen, dass sie sich daran halten.

Transportwege

Bis die Jeans fertig im Laden liegt, hat sie eine lange Reise hinter sich. Die verschiedenen Herstellungsprozesse finden in verschiedenen Ländern, ja sogar Kontinenten statt. Ein Beispiel: Baumwolle aus Brasilien geht zur Spinnerei in die Türkei, dann wiederum zur Weberei in ein anderes Land usw., bis das fertige Produkt dann Richtung Deutschland geht. Allein diese Transportwege verursachen enorme CO2-Emmissionen und machen die Jeans zu einer schmutzigen Weltenbummlerin.

Ganzheitliche Verantwortung für mehr soziale und ökologische Gerechtigkeit

Dank verantwortungsvollem Journalismus und hartnäckiger Aufdeckungsarbeit konnten die schlimmen Zustände der herkömmlichen Jeansproduktion in den letzten 10 Jahren breit veröffentlich werden. Zugleich hat sich die Modewelt glücklicherweise neuen achtsamen Wegen geöffnet, nämlich hin zu mehr Nachhaltigkeit und Ethik – nehmen wir die „Greenwashing Kampagnen“ mal bei Seite. So beginnt diese neue, wahrhaftige Verantwortung für Fair Fashion Marken schon bei der Baumwollproduktion und führt sich in alle Produktionsprozesse fort, dies beutetet beispielsweise:

  • Weniger Wasserverbrauch: Bis zu 70% weniger Wasser können beim Bio-Baumwollanbau eingespart werden. Wird die Baumwolle in Ländern angebaut, in denen sie auch natürlich wächst, wird Regenwasser zur Bewässerung der Pflanzen verwendet. Diese natürliche Vorgehensweise ersetzt einen großen Anteil an Frischwasser. Zudem können die Böden tendenziell aufgrund der im Bio-Anbau üblichen Fruchtfolge und dem Verzicht auf chemischsynthetische Pflanzenschutz- und Düngemittel mehr organische Substanz und somit mehr Wasser speichern. Dieser Verzicht bedeutet auch, dass weniger Grund- und Oberflächenwasser verschmutzt wird.
  • Minimierung oder Weglassen von Pestiziden: Bio-Baumwolle kommt zudem meist ohne Pestizide und Kunstdünger aus.
  • Alternative Fasern zu neuer Baumwolle: Pilzresistente und anspruchslose Rohstoffe, die in vielen Regionen der Welt anbaubar sind z. B. Hanf und Leinen sowie vermehrt recycelte Baumwolle
  • Umweltfreundlicheres Färben: Färben mit Stickstoff, die Bearbeitung mit Lasern sowie das pflanzenbasierte Färben entwickeln sich stetig weiter
  • Faire und sichere Arbeitsbedingungen: Mittlerweile gibt es verschiedene Siegel und Standards (z. B. der Fairtrade Textilstandard oder das Siegel Fairtrade Cotton), die kostendeckende Mindestpreise für Kleinbauern und Kleinbäuerinnen garantieren. Zudem beinhalten die Siegel und Standards hohe soziale und ökologische Kriterien, die von den Firmen erfüllt werden müssen.
  • Örtliche Bündelung von Prozessen: Die Bündelung der Herstellungsprozesse auf gewisse Länder vermindert vor allem den enormen CO2-Ausstoß durch Flugtransporte.

 

Wie hoch ist also der CO2 Fußabdruck meiner Jeans? –
Ein Vergleich: Jeanslabel Levi Strauss vs. Fair Fashion Jeanslabel MUD:
Gemäß der Analyse der Marke Levi Strauss entstehen pro Jeans für das Modell 501
33,4kg CO2 (2015).
Fair Fashion Jeanslabel MUD gibt einen Ausstoß pro Jeans von
5,9 kg CO2 (2021) an.

Was Du konkret tun kannst und worauf Du achten solltest – No feeling blue!

  • Entscheide Dich bei werksneuen Jeans für Fair Fashion Marken: Fair Fashion Marken bieten Jeans in Bio-Qualität, aus Hanffasern, Leinen oder recycelter Baumwolle an, die unter hohen Standards mit Blick auf Nachhaltigkeit und Ethik hergestellt worden sind.
    Hier findest Du detaillierte Informationen zu anerkannten Siegeln und Zertifizierungen: Broschüre „Fokus faire und ökologische Kleidung“
  • Wähle öfter Second Hand Jeans
  • Miete Jeanshosen – vor allem bei extravaganten Stücken für ein Event macht dies Sinn
  • Pflege und repariere Deine Jeanshosen – Ich habe z. B. eine Jeans, die schon 3 mal bei der Schneiderin meines Vertrauens war.
  • Upcycle Deine Jeans z. B. zu Shorts, zum Jeansrock etc. – Frag einfach Deine*n Schneider*in oder probiere es selber aus.

Ich besitze übrigens exakt 7 Jeanshosen, davon alte Modelle, Fair Fashion Jeans, geflickte Paare, enge, weitere, kurze, lange und am liebsten blaue Jeans.

Auf ihrem Blog Carofairliebt schreibt Caro über Nachhaltige Mode und gibt achtsame Tipps & Infos zu Reisen und Lifestyle.

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