Dieser Kaffee segelt nach Deutschland
Jens Klein wollte nicht nur irgendeinen fairen Kaffee nach Deutschland bringen , sondern auch solchen, der seine weite Reise auf umweltschonende Art zurückgelegt hat. Tim hat mit ihm über seinen Segelkaffee gesprochen.
Sie verkaufen in Ihrem Café sogenannten Segelkaffee. Was hat es damit auf sich?
Quelle: TimbercoastJens Klein: Das Besondere am Segelkaffee ist, dass der Kaffee per Frachtsegler aus Mittelamerika nach Deutschland kommt. Wir haben bei uns im Café schon immer fair gehandelten Bio-Kaffee verkauft, den wir von einer Kooperative, also einem Zusammenschluss von Kaffeebäuer*innen, die gemeinsam Kaffee anbauen und verkaufen, in Nicaragua beziehen. Dieser hat nun eben noch eine besondere Transportgeschichte, um das Produkt nach und nach rundum fair zu gestalten. Das heißt, wir wollen die Umweltbelastung, die durch den herkömmlichen Transport auf dem Containerschiff entsteht, minimieren, so dass der Kaffee, der bereits fair, also mit gerechten Löhnen und guten Arbeitsbedingungen ,hergestellt wird, ein gänzlich faires Produkt wird.
Wie kam Ihnen die doch etwas ausgefallenere Idee für den Segelkaffee?
Jens Klein: Ich bin tatsächlich durch einen Fernsehbeitrag auf die Reederei aus der Nähe von Bremen, die das Schiff betreibt, aufmerksam geworden. Ich fand die Idee total spannend und wollte am liebsten sofort mit an Bord gehen. Es ist mir wichtig, das Thema Transport und die dadurch verursachten Schäden stärker in den Fokus zu rücken.
Segeln Sie selbst nach Mittelamerika und wieder zurück, oder wie kommt der Kaffee zu Ihnen?
Jens Klein: Leider nicht, das würde ich total gerne. Ich bin jedoch Familienvater und da gestaltet es sich eher schwierig, sich sieben Monate Auszeit zu genehmigen, um Frachtsegler zu werden. Trotzdem ist es kein Selbstläufer, wie bei der klassischen Containerschifffahrt, denn wir verstehen uns mehr als Gemeinschaft und pflegen daher einen engen Kontakt zwischen der Reederei und den jeweiligen Mitstreitern. So haben wir beispielsweise gemeinsame Entladeaktionen in Hamburg, bei denen ganz viele Freiwillige helfen, den Kaffee zu entladen. Ähnlich läuft es dann auch in Mittelamerika, da man auf den Frachtsegler ja nicht einfach große Container laden kann.
Kennen Sie die Partner in Mittelamerika persönlich?
Quelle: Café ChavaloJens Klein: Ich bin jedes Jahr dort, um unserer Kooperative zu besuchen. Leider kenne ich jedoch noch nicht jeden unserer Partner persönlich, da die Kooperative ein Zusammenschluss von über 600 Kaffeebauern ist , auch wenn ich versuche, nach und nach immer mehr Bauern kennenzulernen. Hierbei ist es mir aber wichtig, nicht einfach alle Bauern auf einer großen Konferenz zu treffen, sondern siepersönlich zu besuchen und zu sehen, wie sie leben und arbeiten, wo der Schuh drückt und wo es schon gut läuft.
Außerdem ist es so, dass sich unsere Bauern aus der Region Boaco in Nicaragua zu einer Genossenschaft zusammengeschlossen haben und ihren Kaffee somit unabhängig von Zwischenhändlern oder Großkonzernen vertreiben.
Können Sie die Arbeitsbedingungen Ihrer Partner direkt beeinflussen oder gestaltet sich das eher schwierig?
Jens Klein: Ja und Nein. Es ist ein Thema, mit dem wir uns oft beschäftigen. Was wir vor allem tun können, ist, eine komplett andere Preispolitik zu nutzen, die die Kooperative und ihre Partner weit oberhalb des normalen Marktpreises entlohnt und somit ein ausgeglichenes Wirtschaften ermöglicht. Wenn es aber darum geht, wie unsere Partner ihre eigenen Mitarbeiter entlohnen, ist das etwas, das wir leider nur immer wieder in ganz vielen Gesprächen thematisieren können, da jeder Bauer natürlich selbst unabhängiger Unternehmer ist – wobei es uns aber sehr wichtig ist, dass jeder, der am Kaffeeanbau beteiligt ist, fair entlohnt wird.
Ist der Segelkaffee profitabel oder muss er eher von anderen Geschäften mitfinanziert werden?
Jens Klein: Der Segelkaffee ist komplett profitabel. Es war uns von Anfang an klar, dass der Segelkaffee sich komplett von alleine tragen muss, da wir keine Marketingaktion, sondern ein Projekt mit Zukunft wollten.
Vergleich Containerschiff vs. Frachtsegler
Reisezeit (Nicaragua – Deutschland):
- Containerschiff: 3-4 Wochen
- Frachtsegler: 3 ½ Monate (wegen vieler Zwischenstopps)
CO2-Emissionen pro 114 Tonnen Fracht (Honduras – Deutschland):
- Containerschiff: 10,41 Tonnen CO2
- Frachtsegler: 1,1 Tonnen (Treibstoff zum Anfahren der Häfen)
Transportierter Kaffee:
- Containerschiff: 90% des weltweiten Warenverkehrs werden mit Containerschiffen abgewickelt (ansonsten keine genauen Daten)
- Frachtsegler: 12 Tonnen in 2019
Denken Sie, dass der emissionsneutrale Transport von Waren, wie Sie es praktizieren, auch im großen Stil Sinn macht oder ist es eher ein Nischenprodukt und wird es das auch bleiben?
Traurigerweise glaube ich, dass es weiterhin eher eine Nische bleiben wird, aber zum Glück können Nischen ja auch relativ groß werden. Bis jetzt ist es nur ein kleiner Tropfen, der den Leuten aber aufzeigt, wie es sein muss. In unserer Kooperative arbeiten wir momentan auch daran, dass in den nächsten Jahren vielleicht ein erstes containerfähiges Segelschiff hergestellt wird, was das Ganze natürlich deutlich voranbringen könnte. Es bleibt also spannend.
Hier könnt ihr den Segelkaffee kaufen
Jens Klein verkauft den Segelkaffee in seinem Café Chavalo in Leipzig. Für alle, die nicht in der Nähe von Leipzig leben, ist der Kaffee auch online bestellbar oder vielleicht ja auch in einem Weltladen in Eurer Nähe zu finden. Solltet ihr den Kaffee online bestellen wird dieser selbstverständlich auch per DHL GoGreen klimaneutral versendet.