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Gerechtigkeit
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Fairer Handel hilft Produzent*innen in Zeiten von Corona

Laura Q

Laura Q., 27 Jahre

Teure Rohstoffe, schwierige Lieferbedingungen, stornierte Bestellungen. Kein Home-Office, sondern weniger Arbeit, Einkommen und schlechter Schutz vor dem Virus. Die Corona-Pandemie hat starke Auswirkungen auf Menschen im Globalen Süden. Auch Menschen, die im Fairen Handel arbeiten, leiden unter den Folgen der Pandemie – können aber noch am ehesten auf Unterstützung hoffen.

Ein kleiner Betrieb in Indien baut nachhaltigen Tee an. Bauern und Bäuerinnen ernten Kaffee, Gewürze oder Nüsse. Familienbetriebe und kleine Unternehmen verkaufen fair hergestellte Produkte – normalerweise. Der Alltag vieler Menschen ist aufgrund der Corona-Pandemie beeinträchtigt. Menschen, die mit Fair-Handels-Organisationen zusammenarbeiten, sind ebenfalls davon betroffen. Besonders stark trifft es dabei die Länder des Globalen Südens.

Fairen Handel definiert ist eine „Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt“. Dazu gehören unter anderem bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für Produzent*innen und Arbeiter*innen.

Natürlich ist die Lage in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Nicht überall gab es Lockdowns. Und auch in Europa leidet der Faire Handel. Zum Beispiel mussten Weltläden vorübergehend schließen, wie allgemein im Handel ging auch der Umsatz von fairen Produkten zurück. Immerhin konnten die Betreiber von deutschen Weltläden aber mit staatlichen Finanzhilfen rechnen. Am Anfang der Lieferketten sieht die Lage aber meist schlimmer aus: In Ländern, wie Nepal, Indien oder Peru erhalten die Menschen keine, beziehungsweise kaum Hilfen vom Staat. Sie bräuchten jedoch Unterstützung, um den negativen Auswirkungen der Pandemie entgegenzuwirken und ihre Existenzgrundlage nicht zu verlieren. Fair-Handels-Organisationen, wie der Weltladen-Dachverband, das Forum Fairer Handel oder GEPA unterstützen dabei, indem sie Handelsbeziehungen mit entsprechenden Partner*innen (zum Beispiel den Bäuer*innen in den oben genannten Ländern) aufrecht erhalten und finanzielle Hilfe leisten.

Negative Folgen der Pandemie

Laura WoltersQuelle: Forum Fairer Handel
Laura Wolters ist Projektleiterin für die Covid-19-Soforthilfe beim Forum Fairer Handel

Laura Wolters vom Forum Fairer Handel beschreibt unterschiedliche Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Fairen Handel. Millionen Menschen erkrankten und erkranken aktuell immer noch an Covid-19, wodurch die Gesundheitssysteme häufig überlastet sind. Daraus folgen Beschränkungen des täglichen Lebens, um das Infektionsgeschehen in den Griff zu kriegen. „Einschränkungen, wie Lockdowns und Ausgangssperren sind vor allem für Kleinbauern und -bäuerinnen sehr ernst“, erklärt Laura Wolters. Während der Beschränkungen können die Menschen nicht an ihren Arbeitsplatz gehen. Das bedeutet, sie können zum Beispiel nicht, wie gewohnt, auf dem Feld arbeiten und Nahrung anbauen.

Eine weitere Folge der Pandemie sei der steigende Preis von Rohstoffen, der sich durch die Lockdowns ergab. „Viele Betriebe mussten ihre Arbeit zeitweise einstellen, es gab schlechte Ernten und Lieferverzögerungen“, erklärt Laura Wolters. Da die Nachfrage nach vielen Produkten aber gleich blieb, kam es zu einer Verknappung der Waren, Folge seien steigende Preise. „Aufgrund der Lieferbedingungen, durch Grenzkontrollen, Ausgangssperren oder ausfallende Flüge wurden Bestellungen auch teilweise komplett storniert, was den Handel zusätzlich erschwerte“, so Wolters. Zudem müssten einige Menschen trotz des Gesundheitsrisikos vor Ort gemeinsam mit anderen Menschen arbeiten, wodurch eine Ansteckung mit dem Virus deutlich wahrscheinlicher ist. Erkranken sie selbst oder Familienmitglieder, können die Menschen ebenfalls nicht mehr arbeiten und somit auch kein Geld verdienen.

Besonders betroffen: informell Beschäftigte

Für informell beschäftigte Arbeiter*innen (auch Tagelöhner genannt), die in vielen Ländern des Globalen Südens arbeiten, hat die Pandemie noch stärkere Auswirkungen. Die Menschen haben keinen klassischen Arbeitsvertrag und somit auch keine Krankenversicherung oder gar einen Kündigungsschutz. Laut Bericht der United Nations (UN) zum Thema wirken sich informelle Beschäftigungsverhältnisse oft negativ auf Verdienst, Arbeitszeit, Sicherheit und Gesundheit aus. Diese Probleme sind während Krisensituationen wie der weltweiten Pandemie noch gravierender. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung nehmen zu. Das Einkommen der informell beschäftigten soll laut Schätzungen dadurch im ersten Krisenmonat weltweit um bis zu 80 Prozent gesunken sein.

Der Faire Handel hilft

In Deutschland stellt der Staat in einigen Bereichen finanzielle Unterstützung zur Verfügung. Verliert jemand aufgrund der Pandemie, den Job, kann die Person auch Arbeitslosengeld beantragen. Außerhalb Europas ist das nicht selbstverständlich. Handelspartner*innen von Fair-Handels-Organisationen können noch am ehesten auf Hilfe hoffen: Aktionen und Hilfsfonds der entsprechenden Organisationen helfen ihnen dabei, die Krise zu überstehen.

Laura Wolters ist die Projektleiterin der Covid-19 Soforthilfe. Sie erklärt, dass das Forum Fairer Handel, Fairtrade International und die Deutsche Welthungerhilfe mit diesem Hilfsfonds Kleinbauern und -bäuerinnen unterstützen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt das Projekt mit über 13 Millionen Euro.

Der Fokus liege dabei auf Bäuer*innen, die Lebensmittel wie Tee, Gewürze, Nüsse oder Kaffee anbauen, erläutert Laura Wolters. Der Hilfsfonds teile sich in drei Bereiche. Zum einen gebe es Soforthilfe in Form von Geld. Die Menschen kaufen sich davon Essen, das sie zum Überleben brauchen. Außerdem bekommen die Arbeiter*innen ihre Löhne weiterhin gezahlt. Zum anderen werden Präventionsmaßnahmen angeboten. Schulungen sollen über das Virus aufklären und informieren. Ein dritter Bereich beinhaltet die Beschaffung von Rohstoffen. Der Import aus anderen Ländern sei durch die Beschränkungen nicht mehr so einfach möglich. Die Menschen vor Ort müssten also dabei unterstützt werden, genügend Rohstoffe zu erhalten, damit der Anbau von Lebensmitteln weiterhin möglich sei.

Ein erster Schritt: das Lieferkettengesetz

Laura Wolters berichtet, dass die Menschen die Unterstützung sehr schätzen. Da es aber noch ungewiss ist, ob es weitere Wellen der Pandemie geben wird, sei Hilfe weiterhin nötig. Die Corona-Pandemie treffe die Menschen am Anfang der Lieferkette besonders stark. Die Strukturen im Fairen Handel seien schon positiv, erklärt Wolters, sie müssten aber noch mehr gestärkt und gefestigt werden.

Das 2021 beschlossene  Lieferkettengesetz  ist dabei ein erster Schritt. Es soll Menschenrechte in den Erzeugerländern schützen, Ungerechtigkeiten vermeiden und helfen Krisen in Zukunft besser zu überstehen.

Wichtig sei aber, dass sich Grundsätze in der Handelspolitik ändern, beschreibt Julia Lesmeister, Projektleiterin der Fairen Woche und ebenfalls Teil des Forums Fairer Handel, „damit es eben nicht möglich ist, bereits produzierte Ware einfach zu stornieren, nicht zu bezahlen, die Menschen in solchen Notlagen allein zu lassen“.

Das kannst du tun, um dem Fairen Handel zu helfen

Jede*r ist selbst für den eigenen Konsum verantwortlich und beeinflusst damit andere. Kaufe öfter faire Produkte. Das unterstützt die Menschen, die sie produzieren. Engagiere dich politisch, indem du zum Beispiel Fair-Handels-Organisationen unterstützt oder Mails an Politiker*innen schickst und sie darin dazu aufrufst, sich für entsprechende Gesetze stark zu machen. Deine Meinung kann Einfluss haben, indem du andere Menschen inspirierst, sich auch zu engagieren.

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