Symbolbild Fairer Handel und Nachhaltigkeit
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Nachhaltiges Wirtschaften und der Faire Handel

Laura Q

Laura Q., 27 Jahre

Wegen fehlender gesetzlicher Regeln leiden weltweit viele Menschen unter unfairen Arbeitsbedingungen. Nachhaltiges Wirtschaften ist ein Teil der Lösung und wird für Unternehmen immer wichtiger. Aber was bedeutet nachhaltiges Wirtschaften überhaupt?

Der Mensch konsumiert so viel wie nie. Egal, ob Lebensmittel, Kleidung oder technische Geräte. Es werden Massen von Waren produziert, gekauft und häufig zu früh weggeschmissen. Die Bevölkerung in Deutschland lebt und konsumiert weit über ihre Verhältnisse. Doch die negativen Folgen, die das viele Konsumieren mit sich bringt, schaden Mensch und Umwelt. Aus diesem Grund ist nachhaltiges Wirtschaften wichtig. Besonders im Fairen Handel spielt es eine große Rolle.

Nachhaltigkeit – was ist das eigentlich?

Zur Erklärung des Konzeptes gibt es verschiedene Ansätze. Einer ist das Drei-Säulen-Modell. Es besagt, dass sich drei Bereiche in einem vernünftigen Gleichgewicht befinden müssen, nämlich Ökologie, Ökonomie und Soziales. Um ökologisch zu handeln, müssen Umwelt und Ressourcen geschont werden. Ökonomisch nachhaltig sind Unternehmen demnach, wenn sie Gewinne erzielen und sie zum Wohle von Mensch und Umwelt investieren. Wirtschaftliches Wachstum wird dabei weiterhin vorausgesetzt (was umstritten ist). Sozial nachhaltig handelt ein Unternehmen, wenn es einige Mindeststandards einhält: faire Bezahlung, die Umsetzung von Arbeitnehmer*inneninteressen sowie die Möglichkeit zur Aus- und Fortbildung und der freien beruflichen Entfaltung.

 

Teresa HoffmannQuelle: Brot für die Welt
Teresa Hoffmann

„Für mich bedeutet nachhaltiges Wirtschaften ein Wirtschaften zum Wohl der Menschen“, meint Teresa Hoffmann und bringt damit sehr klar zum Ausdruck, welcher Bereich des Drei-Säulen-Modells für sie am wichtigsten ist. Hoffmann ist Referentin für nachhaltiges Wirtschaften und Fairen Handel bei Brot für die Welt. Es sei wichtig, keine Profite auf Kosten von Mensch und Umwelt zu machen. Aktuell gebe es zu viel Ausbeutung von Arbeiter*innen. Die Ausbeutung und Ungleichheit finde vor allem am Anfang von Wertschöpfungsketten statt. An diesem Anfang stehen oft Arbeiter*innen im Globalen Süden. Diese produzieren zum Beispiel Lebensmittel, die daraufhin weiterverarbeitet, exportiert und verkauft werden. Die Menschenrechte der Arbeiter*innen am Beginn dieser Kette seien jedoch nicht ausreichend geschützt, so Hoffmann weiter. Das zeige sich zum Beispiel, indem sie unfair für ihre Arbeit bezahlt werden oder nicht ausreichend versichert sind.

Nachhaltiges Wirtschaften im Fairen Handel

Das Hilfswerk Brot für die Welt kooperiert unter anderem mit Bananenproduzent*innen in Lateinamerika. Die Arbeiter*innen auf den Plantagen arbeiten viele Stunden am Tag, für zu wenig Gehalt. Im November 2020 kündigte die Supermarkt-Kette Aldi an, die Preise für Bananen zu senken. Bei den Menschen, die sowieso nur einen geringen Teil des Umsatzes erhalten, kommt dadurch noch weniger an. Doch die Macht der einzelnen Konzerne, wie die der Supermärkte, ist groß. In Deutschland gibt es nur wenige große Supermarkt-Ketten. Deshalb könnten diese die Preise, wie den einer Banane, diktieren, erklärt Teresa Hoffmann. Und die Corona-Pandemie erschwere die Arbeitsbedingungen der Bananenproduzent*innen noch mehr. „In Lateinamerika gab es sehr viele Grenzschließungen, dadurch kam weniger Verpackungsmaterial ins Land und der Transport wurde teilweise sehr stark eingeschränkt“, so Hoffmann. Unterstützung der Regierung gebe es nur wenig.

„Der Faire Handel versucht entlang der Lieferketten Verantwortung zu übernehmen“, erläutert Teresa Hoffmann. Risiken sollen minimiert, Kinderarbeit verhindert und Gewinne fairer aufgeteilt werden. Hilfswerke und Fair-Trade-Organisationen erarbeiten Lösungsvorschläge und politische Forderungen, die an Entscheidungsträger*innen, zum Beispiel im Bundestag und in Unternehmen, herangetragen werden. Ziel sei es, das Machtungleichgewicht entlang der Lieferketten auszugleichen. Besonders in den schwierigen Zeiten der Pandemie unterstütze der Faire Handel dann zum Beispiel die Bananenproduzent*innen. So wurden beispielsweise keine Vertragsstrafen fällig, wenn weniger Ernte geliefert wurde, oder Masken und Desinfektionsmittel wurden bereitgestellt.

Konsum und fehlende Gesetze

Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht einfach umzusetzen. Auch die Bundesregierung will nachhaltigen Konsum stärken und hat dazu schon 2016 ein nationales Programm beschlossen. Das betont sehr stark die Verantwortung des Einzelnen, denn die Nachfrage bestimmt das Angebot. Was gekauft wird, wird auch weiterhin produziert, auch wenn es nicht nachhaltig oder unter fairen Bedingungen passiert. Entscheiden sich allerdings mehr Menschen dazu, fair hergestellte Produkte zu kaufen und Organisationen zu unterstützen, tragen sie einen Teil zum nachhaltigen Wirtschaften bei.

Aber auch Gesetze dürfen nicht fehlen, um zum Beispiel das Machtungleichgewicht zwischen Menschen am Anfang der Lieferketten und Unternehmen auszugleichen. Arbeitsbedingungen müssen fair gestaltet werden und Menschenrechte sollten an erster Stelle stehen. Gewinnorientierte Unternehmen hätten bisher wenig strenge Auflagen, die sie einhalten müssen, erklärt Teresa Hoffmann. Aus diesem Grund brauche es stärkere Regulierungen und Dokumentation von nachhaltigen Entwicklungen, die ein Unternehmen vornimmt. Ohne diese sei nachhaltiges Wirtschaften nicht möglich. „Ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung“, nennt Teresa Hoffmann das neue Lieferkettengesetz, das einen Anfang macht.

Das Lieferkettengesetz

Im Juni 2021 haben Bundestag und Bundesrat das Lieferkettengesetz  beschlossen. „Weg von Freiwilligkeit, hin zu Verbindlichkeit“, beschreibt es die Referentin für nachhaltiges Wirtschaften bei Brot für die Welt. Entlang der Lieferkette, also vom Rohstoff bis zum fertigen Produkt, sind Unternehmen dazu verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen und diese zu dokumentieren. Die Einhaltung kontrolliert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.

Das Lieferkettengesetz ist jedoch nur ein Instrument. Es braucht noch mehr und unterschiedliche Regulierungen, um das Machtungleichgewicht zwischen Arbeiter*innen und Unternehmen auszugleichen. Das Gesetz gilt zum Beispiel bisher nur für Unternehmen ab 3.000 Mitarbeiter*innen. Ab 2024 erfasst es auch Unternehmen ab 1.000 Mitarbeiter*innen. Das reiche trotzdem nicht aus, erklärt Teresa Hoffmann, weil auch die Arbeiter*innen kleinerer Betriebe (unter 250 Mitarbeiter*innen) schon geschützt werden müssen.

Dem aktuellen Lieferkettengesetz fehle außerdem eine zivilrechtliche Haftungsregelung für Unternehmen. „Es muss für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen im Ausland die Möglichkeit geben, von Unternehmen vor deutschen Gerichten Schadensersatz einzuklagen, wenn die keine angemessenen Sorgfaltsmaßnahmen ergriffen haben“, beschreibt Teresa Hoffmann. Die Haftungsregelung sei notwendig, damit Unternehmen zum einen Konsequenzen für menschenrechtsverletzendes Verhalten spüren. Zum anderen seien sie dadurch schon im Vorhinein abgeschreckt, Rechte überhaupt erst zu missachten. Das Lieferkettengesetz diene aber auch als Vorbild für andere Länder, und rege diese ebenfalls an, Menschenrechte stärker zu schützen und das nachhaltige Wirtschaften voranzutreiben.

Das kannst du tun, um nachhaltiges Wirtschaften zu unterstützen?

Hinterfrage deinen Konsum. Brauchst du den neuen Pullover oder die Spielekonsole wirklich? Hast du nicht Dinge Zuhause, die noch funktionieren und gar nicht so alt sind? Bei Kleidung, aber auch bei anderen Dingen, kannst du zum Beispiel darauf achten, sie lieber secondhand zu kaufen oder solche, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurden.

Informiere dich über Menschenrechte und darüber, wie sie nachhaltig gestaltet werden können. Sprich mit anderen über Nachhaltigkeit und mache sie in deinem sozialen Umfeld zum Thema. Jeder Mensch hat Einfluss auf die Meinung anderer und kann andere dazu ermutigen, ebenfalls nachhaltiger zu konsumieren oder über das Thema aufzuklären.

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