Quelle: lni1110/photocase.de
Konsum
#fairhandeln

Eat local, think global

Yannic

Yannic, 26 Jahre

Nicht nur die Lebensmittelproduzenten in Südamerika oder Afrika verdienen Unterstützung. Wir sollten uns ebenso mit den Arbeitsbedingungen von Bäuerinnen und Bauern in Deutschland auseinandersetzen.
Zwar wurde das Fair-Trade-Konzept ursprünglich erdacht, um den Produzent*innen in den Entwicklungsländern des sogenannten „Globalen Südens“ einen gerechten Lohn zu garantieren. Doch mittlerweile wird in Fair-Handels-Organisationen darüber diskutiert, ob und inwieweit das Konzept auch in den hauptsächlich auf der nördlichen Erdhalbkugel liegenden Industrieländern anwendbar ist. Manche haben bereits damit angefangen: Die Weltläden erweiterten ihren Bestand und manch ein Produkt aus Deutschland trägt schon das Zertifikat „Naturland Fair“. Mit diesem werden auch hier Lebensmittel gekennzeichnet, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurden. Der höhere Preis für zertifizierte Lebensmittel hilft den Kleinbauern und -bäuerinnen, am Markt einen gerechten Preis zu erzielen. Doch einigen Landwirten ist das nicht genug. Sie verzichten darauf, ihre Lebensmittel über den regulären Markt anzubieten und setzen stattdessen auf eine Form des Bauernbetriebs, die sich in den letzten Jahren steigender Beliebtheit erfreut: die Solidarische Landwirtschaft.

Lebensmittel durch Anteile

Bei der Solidarischen Landwirtschaft, kurz SoLaWi genannt, bildet der Landwirt eine Wirtschaftsgemeinschaft zusammen mit den Verbraucher*innen des von ihm erzeugten Gemüses und Obstes. Statt für einzelne Lebensmittel zu bezahlen, verpflichten sich die Mitglieder der SoLaWi, die gesamten Kosten des Landwirtschaftsbetrieb zu tragen. Die Mitglieder werden dabei wortwörtlich zu Anteilseignern, zu Teilhabern. Meist für ein Jahr geben sie an, wie viele Anteile sie an den Erzeugnissen des Bauernhofs beziehen wollen. Jeder Anteil an den Lebensmitteln entspricht einem Anteil an den Betriebskosten des Bauernhofs. Die Mitglieder bezahlen das Saatgut, die Stromkosten und nicht zuletzt den Arbeitslohn der Bauern und Bäuerinnen und bekommen im Gegenzug ihre Anteile in regelmäßigen Abständen (z.B einmal wöchentlich) in Form von Obst und Gemüse ausgezahlt – und das meist in Bio-Qualität.

Eine japanische Idee

Ursprünglich entstand die Idee der Landwirtschaftsgemeinschaft im Japan der 1960er Jahre. Damals schlossen sich Mütter in der Sorge um chemische Rückstände in den Lebensmitteln, mit denen sie ihre Kinder versorgten, zusammen. Sie erklärten sich bereit, alle Erzeugnisse eines Landwirts zu übernehmen, sofern dieser auf synthetische Pflanzenschutzmittel verzichtet. In Japan machte dieses Modell schnell Karriere. Gegen 1990 war ein Viertel der japanischen Haushalte Teil so einer Gemeinschaft.

Produzent*innen und Konsument*innen profitieren

In Deutschland gibt es heute über 200 solcher Gemeinschaftshöfe. Für einen Teil der Landwirte ist die SoLaWi die einzige Möglichkeit, ihre Betriebe weiterzuführen, denn durch die Vorfinanzierung garantieren die Mitglieder dem Bauern/der Bäuerin, unabhängig von schwankenden Marktpreisen, Sicherheit für seinen Betrieb und sein Einkommen. So teilt der/die Bauer/Bäuerin beispielsweise auch das Risiko von witterungsbedingten Ernteausfällen mit den Mitgliedern seines/ihres Gemeinschaftshofs.

Eine Vorstellung, die nicht jedem/r Verbraucher*in gefällt und die sich auch nicht jede/r leisten kann: Denn unabhängig von etwaigen Ernteausfällen sind die Lebensmittel aus der SoLaWi teurer als die aus dem Supermarkt. Dagegen sind Verbraucher*innen in der Landwirtschaftsgemeinschaft nicht nur Kund*innen. So verpflichten sich die Mitglieder, selbst mit den eigenen Händen gelegentlich auf dem Hof mitzuhelfen und selbst etwas über den Anbau von Lebensmitteln zu lernen. Und auf Mitgliederversammlungen können sie die Zukunft des Bauernbetriebs mitbestimmen. Zwar heißt SoLaWi auch, dass die Gurke in der eigenen Gemüsekiste krumm sein kann, dafür behält sie aber ihren natürlichen Geschmack undVerbraucher*innen wissen am Ende, welche Düngemittel der Bauer/die Bäuerin eingesetzt hat. Dieses Wissen über die Herstellung von Lebensmitteln ist bei vielen Konsument*innen mittlerweile verloren gegangen. Im Supermarkt sieht man nur die Endprodukte der Landwirtschaft – und aufgrund des internationalen Handels kriegt man zu jeder Jahreszeit jedes Obst und Gemüse (zum Beispiel Himbeeren im Winter). Dagegen lernt man als Teil einer SoLaWi, zu welchen Jahreszeiten welches Obst und Gemüse in der eigenen Region wächst.

Regional und saisonal einkaufen gegen den Klimawandel

Von dem Kauf regional angebauter Lebensmittel profitieren letztendlich alle Menschen weltweit. Denn wenn auf regional angebaute Lebensmittel zurückgegriffen wird, müssen diese nicht aus anderen Ländern importiert werden. Dadurch kann der internationale Handel reduziert werden, welcher unter anderem aufgrund der weiten Transportwege einer der Ursachen für den Klimawandel ist. Die Folgen dessen bekommen die Menschen im Globalen Süden darüber hinaus viel stärker zu spüren als Bewohner*innen der reichen Industrieländer. Allein schon, weil ihnen oftmals die Mittel fehlen, um sich gegen die Folgen des Klimawandels zu wappnen. Wer also wirklich fair konsumieren möchte, sollte sich überlegen, ob er oder sie nicht beispielsweise im Winter auf Himbeeren verzichten kann, wenn diese erst aus Mexiko eingeflogen werden müssen. Stattdessen kann man Teil einer lokalen SoLaWi werden und dort mit anderen Mitgliedern ein kleines Himbeerfeld pflanzen – und die Lebensmittel, die hierzulande nicht wachsen, wie etwa Kakao oder Kaffee, aus Fairem Handel einkaufen. So können sich „regional“ und „fair“ super ergänzen!

Ihr wollt einer SoLaWi beitreten? Auf dieser Karte findet ihr eine Vielzahl an Landwirtschaftsgemeinschaften.

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