Quelle: Forum Fairer Handel/Philipp Striegler
Gemeinsam für ein gutes Klima
#fairhandeln

Laura K., 21 Jahre

Von klein auf habe ich mit dem Fairen Handel gelebt, bin sozusagen mit ihm aufgewachsen. Für mich war es immer normal, dass fair gehandelte Erdnussbutter oder Marmelade auf dem Frühstückstisch standen. Für mich war es normal, dass mein Vater einmal donnerstags im Monat abends länger weg war, weil er ein monatliches Treffen im Weltladen hatte. Für mich war es normal, dass ich manchmal fair gehandelte Schokolade geschenkt bekommen habe. Für mich war es auch normal, dass wir einmal im Jahr zu den Weltladen-Fachtagen* gefahren sind. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann ich das erste Mal mitgefahren bin. Für mich war es bis vor zwei bis drei Jahren nur ein Wochenende, bei dem ich Freunde wiedergesehen habe, die ich schon lange durch unsere Eltern kenne und bei dem mein Vater irgendwelche Dinge für den Weltladen gemacht hat.

Wenn man in eine Welt geboren wird, in der das alles „normal“ und „selbstverständlich“ ist, fragt man sich erstmal nicht, was das eigentlich ist: „Fairer Handel“. Es ist einfach ein Begriff, der für mich schon immer existierte und den ich nie hinterfragt habe. Klar habe ich bestimmt schonmal meinen Vater auf dem Weg zu den Fachtagen gefragt, was das alles eigentlich ist. Aber wenn er es mir dann erklärt hat, war ich wohl zu abgelenkt von irgendwelchen Lichtern im Bahnhof oder den Geräuschen der Menschenmassen und habe nicht richtig zugehört. Ich glaube, dass man das Interesse für bestimmte Themen nicht erzwingen kann. Das Interesse muss von jedem selbst kommen.

Fairer Handel ist mehr als ein Siegel

Von mir kam dieses Interesse für den Fairen Handel vor etwa zwei Jahren bei einer sechsmonatigen Projektarbeit in der Schule. Unsere einzige Vorgabe war, dass wir bis zum Ende des Schuljahrs ein Produkt zum Thema „Nachhaltigkeit“ entwickeln müssen. Da dieser Überbegriff ziemlich weit gefasst ist, haben viele meiner Mitschüler*innen nicht direkt eine Idee gehabt, was sie machen können. Ich aber wusste sofort, dass ich etwas zum Thema „Fairer Handel“ machen wollte und habe meine Mitschüler*innen aus meiner Projektgruppe dafür begeistert.

Ab diesem Schuljahr habe ich begriffen, dass der Faire Handel etwas viel größeres ist als nur ein Siegel. Wir haben viel Zeit für unser Projekt gehabt und hatten doch unsere Schwierigkeiten: Wo fängt man überhaupt an? Wer macht was? Was soll unser Produkt sein? Wir hatten viele Frage und haben uns dann erstmal ein gewisses Grundwissen über Fairen Handel über das Internet angeeignet. Als unseren Ansprechpartner haben wir den Weltladen Aachen angefragt.

In der Zeit, in der wir uns über das Grundprinzip des Fairen Handels informiert haben, ist mir bei einigen Dingen klar geworden, wie sie zusammenhängen. Ich habe mein ganzes Leben lang immer wieder Fetzen von Gesprächen mitbekommen, die ich durch diese Arbeit viel besser einordnen konnte.

Wir haben beschlossen, als Produkt einen kleinen Informationsfilm zum Fairen Handel zu machen. Da wir uns viel mit der Geschichte von fair gehandeltem Kaffee beschäftigt hatten, sind wir auch auf Erwin Mock, Bildungsreferent bei Misereor, aufmerksam geworden. Mit ihm konnten wir glücklicherweise ein interessantes Interview führen. Er hat die Anfänge des fairen Kaffeehandels in den 70er Jahren mitgeprägt. Für ihn beginnt die Geschichte des Fairen Kaffees mit diesem Glaubenssatz:

„Wir müssen Verbrauchsgüter einführen und zu so hohen Preisen verkaufen, dass die Bauern von dem Geld leben können, jetzt und in der Zukunft.“

Es war höchst spannend, die Geschichte von den Anfängen des fairen Kaffees von jemandem erzählt zu bekommen, der diese durch seine Taten selbst mitgeschrieben hat. 1973 konnten durch eine Kooperation von Misereor und dem Vorläufer der heutigen Organisation Fair Trade Original 50.000 Kilo fairer Rohkaffee aus Guatemala nach Amsterdam und von da weiter nach Deutschland verschifft werden. Dieser Kaffee verkaufte sich so gut, dass es heutzutage überall in Deutschland fairen Kaffee gibt.

Fairer Handel als Gemeinschaft

Seit diesem Erlebnis habe ich mich auf den Weltladen-Fachtagen viel mehr für den eigentlichen Sinn des Fairen Handels interessiert und auch meinem Vater richtig zugehört, wenn er auf meine Fragen geantwortet hat, die auch immer spezifischer wurden. Ich finde es schön, zu wissen, dass der Weltladen, für den ich mich einsetze, nicht nur ein Laden ist wie jeder anderer, sondern einer, der eine Geschichte zu erzählen hat. Diese Geschichte erzählt jede*r Mitarbeiter*in anders und trotzdem führen alle Geschichten zu demselben Punkt zusammen: Fairer Handel ist eine Gemeinschaft von vielen Menschen auf der Welt, die alle zusammen versuchen, die Welt wenigstens ein bisschen besser zu machen. Ich finde, jeder kann versuchen die Welt ein Stückchen besser zu verlassen, als er sie vorgefunden hat.

* Eine Fachmesse für Weltläden

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