17 Ziele für die Zukunft
Mache ich es heute? Oder doch lieber morgen? Jede*r, der oder die sich schon mal was vorgenommen hat, weiß auch, wie leicht sich solche Vorhaben aufschieben lassen. Häufig hilft es, sich sein Ziel genau festzulegen, ja sogar aufzuschreiben. Genau diese Idee steckt auch hinter den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung oder kurz SDGs (Sustainable Development Goals). Aber warum brauchen wir diese Ziele und wie können wir sie erreichen? Und was hat das mit Fairem Handel zu tun?
„In den 17 Zielen werden die wesentlichen Herausforderungen der Menschheit definiert. Es ist eine globale Perspektive, wie wir bis zum Jahr 2030 vorankommen wollen, um eben bestimmte Probleme weltweit zu lösen“, erklärt Christian Mäntele. Er ist Projektleiter der #17 Ziele bei Engagement Global.
Engagement Global ist die zentrale Anlaufstelle für entwicklungspolitisches Engagement. Das gemeinnützige Unternehmen bietet unterschiedliche Angebote für die Zivilgesellschaft und Kommunen, private Träger und Initiativen. Unter anderem gibt es einen Beratungsservice und Hilfe bei der Beschaffung von Fördermitteln.
Engagement Global handelt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Mit Hilfe der SDGs will die Menschheit versuchen, sich aller wesentlichen globalen Herausforderungen anzunehmen und ihnen entgegenzuwirken. „Das sind Armut, Hunger, Infrastruktur und eben auch Klimawandel, Umweltschutz, Energie und auch Trinkwasser“, zählt Christian Mäntele auf. Einige dieser definierten Probleme betreffen uns in Deutschland mehr, andere weniger. Daher könne jedes Land in der Umsetzung der Ziele seine eigenen Prioritäten setzen, so der Projektleiter. Dennoch betont er, dass es eine besondere Leistung sei, dass sich alle Mitgliedsstaaten der UN im September 2015 auf die 17 Sustainable Development Goals geeinigt haben. Denn zu den Zielen gehört beispielsweise auch die Gleichberechtigung der Geschlechter (SDG 5), was eigentlich bisher nicht in allen Mitgliedsstaaten gleichermaßen als erstrebenswert gilt.
Ein weiteres Ziel der SDGs ist das Ziel 8, das in diesem Jahr Schwerpunkt der Fairen Woche ist: „Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle.“
Ziel 8: Basis für weitere wichtige Ziele
Zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen gehören unter anderem existenzsichernde Löhne, ein sicherer Arbeitsplatz und das Recht auf Gründung einer Gewerkschaft. „Wenn diese Ansätze erreicht werden können, wirkt sich das auch wieder auf die weiteren SDGs aus“, erklärt Christian Mäntele, „denn ein besserer Lohn ermöglicht den Menschen, ihre Kinder in die Schule zu schicken, statt zur Arbeit. Somit wird nicht nur zur Bekämpfung von Armut und Hunger beigetragen – Ziel 1 und 2 – sondern auch ein wichtiger Schritt in Richtung Bildung, also Ziel 4, getan.“ An diesem Beispiel wird deutlich, wie sehr die Inhalte der Nachhaltigkeitsziele ineinandergreifen. Neben menschenwürdigen Arbeitsbedingungen ist auch nachhaltiges Wirtschaftswachstum im Ziel 8 definiert und vorgesehen. Aber wann ist Wirtschaftswachstum nachhaltig und welche Rolle spielt dabei der Faire Handel?
Mehr Bewusstsein für die Probleme in unserer Gesellschaft schaffen
Die Forderung „mehr Bewusstsein für die Probleme in unserer Gesellschaft zu schaffen“, hat das Forum Fairer Handel an den Bundestag und die Bundesregierung gestellt. Das geht zum einen Hand in Hand mit der Forderung nach menschenwürdiger Arbeit und legt den Fokus zusätzlich auf Nachhaltigkeit – Aspekte, die sich im Fairen Handel wiederfinden, in der freien Marktwirtschaft aber vernachlässigt werden. Das sollte sich in Zukunft ändern, sodass menschenwürdige Arbeitsbedingungen und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu einem generellen Maßstab werden. Nachhaltiges Wachstum und Entwicklung bedeutet, dass die Bedürfnisse der Menschen gewahrt werden, ohne die Bedürfnisse künftiger Generationen zu vernachlässigen oder zu gefährden. Dabei unterscheidet man drei Kategorien, auch Säulen genannt: ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit.
Ökonomische Nachhaltigkeit ist vor allem für wirtschaftsnahe Akteure gleichbedeutend mit Wachstum als Ziel jeder wirtschaftlichen Entwicklung. Durch die ökologische Nachhaltigkeit soll der Natur- und Umweltschutz gewährleistet werden, sodass wir sämtliche natürlichen Lebensgrundlagen nur mit Weitsicht und in Maßen beanspruchen – und keine Treibhausgase mehr verursachen. Die dritte Säule ist die der sozialen Nachhaltigkeit. Sie hat vor allem mit fairer Verteilung von Ressourcen wie finanziellen Mitteln, Nahrung und Wasser, Medikamenten und Bildung zu tun.
Dass Ziel 8 uns auch hier in Deutschland betrifft, sowohl im Punk des nachhaltigen Wirtschaftswachstums, als auch bei den Arbeitsbedingungen, wird am Beispiel der Erntehelfer*innen besonders erkennbar. Christian Mäntele stellt hier die Frage in den Raum, ob wir nicht ein falsches Werteverständnis an den Tag legen. „In der Pandemie haben wir Supermärkte als systemrelevant bezeichnet, was sie ja auch sind. Aber man muss es mal so sehen: Erntehelfer*innen versorgen uns mit Lebensmitteln, ohne sie gäbe es viele frische Produkte in den Regalen nicht. Sind sie dann nicht auch systemrelevant?“. Trotzdem arbeiten die sogenannten Wanderarbeiter*innen oft unter extrem schlechten Bedingungen, wie ein Bericht des Deutschen Gewerkschaftsbunds zeigt. Sie sind nicht krankenversichert, haben keine Rentenansprüche und die Unterkünfte sind überbelegt und in schlechtem Zustand. Gerade in der Pandemie wurde so die Gesundheit der Erntehelfer*innen stark gefährdet. Das zeigt deutlich, warum auch wir an der Umsetzung von Ziel 8 arbeiten müssen. „Ein erster Schritt zum Erreichen des Ziels ist es, mehr Bewusstsein für die Probleme in unserer Gesellschaft zu schaffen“, ist sich Mäntele sicher. Und auch der Faire Handel trägt bedeutend zu der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele bei.
Bewusste Entscheidung für fair gehandelte Produkte
„Der Faire Handel ist eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzent*innen und Arbeiter*innen – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung.“
Diese gemeinsame Definition verschiedener Akteure des Fairen Handels zeigt, dass hier tatsächlich der Mensch im Vordergrund steht, nicht der bloße Profit. Durch Fair-Handels-Unternehmen wie GEPA, WeltPartner und El Puente wird der Faire Handel für uns zu einer greifbaren Option bei unseren eigenen Konsumentscheidungen. Eine gute Anlaufstelle hierfür sind Weltläden, von denen es inzwischen rund 900 in Deutschland gibt. Aber auch in Supermärkten gibt es schon einige fair gehandelte Produkte.
Von einer bewussten Kaufentscheidung für solche Waren profitieren dann wiederum deren Produzent*innen, die so einen höheren Anteil vom Umsatz bekommen, anstelle der üblichen Dumpingpreise, die große Konzerne meist zahlen. Somit verbessern sich die Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Produzent*innen.
Auch von unserer eigenen sozialen Einsatzbereitschaft hängt das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele ab, erklärt Christian Mäntele: „Sich einbringen, auf Demos gehen für die Umwelt und faire Handelsbedingungen, sich sozial engagieren bei der Tafel, der Seelsorge oder durch Nachhilfe für andere Schüler*innen. Einfach Dinge für die Gemeinschaft tun. Das ist das moderne Verständnis von Nachhaltigkeit.“
So tragen unsere Entscheidungen von heute dazu bei, dass wir unsere Ziele für die Zukunft auch erreichen können. Denn eins ist klar: „Wir werden diese Ziele nicht über Nacht erreichen. Deshalb dürfen wir aber nicht aufhören uns überhaupt für sie einzusetzen.